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Die Geschichten: James Blackforest

4. Weltmeisterschaft im Schneckenweitspucken

Beim Brätschel-Beck (Brezel-Bäcker), gleich links nach dem Eingang im Gartencenter, schlürft der 'Wassermeister' aus Ortenberg einen Milchkaffee. Dazu gibt es Croissants! "Das möchte ich auch", sagt James. "Hallo Wassermeister, funktionieren die Wasseruhren in Ortenberg noch?"
"Du Witzbold, was mache die Schnecken?", kontert der Wassermeister.
"Gute Frage, die haben nicht nur die Pflanzen gefressen, sondern auch das Schneckenkorn. Mit einer Spachtel sammel' ich die Tiere ein und übergiesse diese mit heisem Wasser. Amen!"
James nimmt einen großen Schluck Milchkaffee und beisst ein Stück vom Croissant ab.
"Du bisch hit nit gued druf (Du bist heute nicht gut drauf), isch dir ä Lus iba di Läber tappt (ist Dir eine Laus über die Leber gelaufen)?“, erkundigt sich der Wassermeister.

James erzählt ihm von seinem Albtraum vom Schneckenballett und der Schneckenkönigin Arion Ater. Dann tauschen sie die neusten Nachrichten bezüglich des Bayerischen Rautenfischs, der jetzt auch in der Kinzig schwimmen soll. An der Fischtreppe am großen Deich soll einer gesehen worden sein. Fotografen der beiden großen Tageszeitungen sind schon vor Ort. Ein freier Mitarbeiter von einem bundesweiten Fachblatt für Damen ohne Bekleidung, großer Oberweiten und intime Angelegenheiten von Prominenten, viele sagen nur 'Bild', ist auch schon dort.

James B. kauft nun Pflanzen mit wunderschönen Blüten. Eilig fährt er zur Kuckucksuhren Vertriebsgesellschaft Mittelbaden in die Heinrich-Hertz-Strasse. Es ist bereits Mittag. Die angefressenen Pflanzen schleppt er nach hinten auf die Terrasse, während er die neuen am Eingang platziert. "Oh sind das schöne Blüten", so die Geschäftsführerin der Kuckucksuhren Vertriebsgesellschaft Mittelbaden, Frau Edith Blinzeltreu. Frau Verena Wackelpudding aus dem Kuckucksuhrenlagerverkauf: "James, du hast einen grünen Daumen!". James schaut ungläubig seine beiden Daumen an. Am Haupteingang wechselt er eine Kerzenbirne, während die Rezeptionistin Frau Edeltraud Bleibdraußen am Faxgerät flucht. Der Grund: Ein Text mit chinesischen Schriftzeichen.

James setzt sich in sein Auto, fährt zur Otto-Hahn-Strasse. Auf der Otto-Hahn-Brücke hält er an, schaut auf das Wasser der Kinzig. Er sieht etwas Weißblaues (könnte auch der Himmel sein), das sich im Wasser spiegelt. Hinter ihm hupt ein Auto. James gibt Gas, über 'Im Seewinkel' gelangt er nun auf die Straßburger Straße und fährt Richtung Innenstadt. In der Klosterstraße findet er einen Parkplatz. In der Eisdiele beim Stadtbrunnen bestellt er einen Martini Cocktail mit grüner Olive. Am Wurststand auf der Insel verspeist er eine Bratwurst. Über die Steinstraße geht er wieder zurück in die Klosterstraße zu seinem Auto. An der Windschutzscheibe steckt wieder ein Knöllchen. "Oh Claudia", denkt James. Er schaut sich um, nirgendwo ist Claudia.

Claudia Schreibspechteimer von der Kommunalen Parkraumüberwachung kennt er von einem Weinfest in Zell Weierbach. Der Gewürztraminer hat den beiden dort gut geschmeckt! James nimmt das Knöllchen von der Windschutzscheibe. Der Überweisungssträger ist auf Null datiert. Es liegt noch ein zweiter Zettel bei, der Beleg aus dem Parkscheinautomaten. In dem Augenblick, wo er den Parkschein studiert, verdecken zwei zarte Frauenhände James Augen. Er spürt einen angenehmen Druck auf dem Rücken, und ein unaufdringlicher orientalischer Geruch zieht in seine Nase. Perfekter hätte die Überraschung nicht sein können. James löst sich aus der Umklammerung, dreht sich um. Claudia steht vor ihm. "James, irgendwann lege ich dich über das Knie, wenn du weiterhin den Parkscheinautomaten übersiehst" witzelte Claudia. In einem sanften Ton spricht sie weiter: „Hinter dem Bellenwald, in Berghaupten ist am Samstag eine Motorradschau mit Motorradrennen. Hast Du Lust?" James traut seinen Ohren nicht. Wie oft wollte er sich mit Claudia treffen und immer wieder fand sie einen Grund, nicht zu kommen. Sie lebt in Scheidung und auch getrennt. Ihr Mann ist Alkoholiker mit ...zig Entzugskuren ohne Erfolg. Claudia hängt immer noch an ihrem Mann, aber sie weiß auch, dass man ihm nicht mehr helfen kann."Wir nehmen mein Auto, James! Um vierzehn Uhr hohl ich dich in Käfersberg ab" so Claudia. Abschließend umarmt sie James von vorne und gab ihm einem dicken Kuss auf den Mund. Die Gefühle von James möchte der Autor nicht definieren; James hatte einen knallroten Kopf.

Er fährt über die Gustav-Ree-Anlage zur Unionsbrücke, weiter in die Luisenstaße über den Kreisverkehr in die Hildastraße zu seiner Wohnanlage. Er stellt sein Auto auf den Platz, wo sonst niemand parkt. Im Müllraum fegt er den Boden. Im Hof sammelt er das Laub, die ersten Blätter fallen, und mäht die Wiese. Mit der elektrischen Heckenschere schneidet er die Grenzhecken.

Peter und Paul, die Zwillinge aus dem zweiten Stock, kommen aus dem Hintereingang. Damit man die beiden besser unterscheiden kann, trägt Peter eine blaue und Paul eine rote Mütze. Manchmal werden die Mützen vertauscht, beispielsweise in der Schule. Der Lehrer kann vieles davon berichten. Auch der Vater, Werner Pfenniggut, Kaminkehrermeister, unterscheidet die zwei Kinder an Hand ihrer Mützen. Nur die Mutter Chriemhild kennt ihre zwei Söhne auch ohne Mütze. Die Zwillinge sind im Stadtviertel als 'die zwei Heiligen' bekannt. Die Schwester Karin ist bereits Teenager und hat einen Freund.

Paul zieht den Stecker. Beide verstecken sich hinter einem Strauch. James flucht. Er geht dem Kabel nach und findet die Ursache für den Stromausfall. James schneidet weiter. Wieder Stromausfall. Nun geht er um die Sträucher. Er findet Peter und Paul unter einem Haselnussstrauch versteckt. "Ihr Lausbuben, dafür helft ihr mir, Schnittgut zusammenklauben", so James.

Während Paul, der mit der blaue Mütze, den grünen Gärtnersack aufhält, stopft Peter, der mit der rote Mütze, das Schnittgut in den Sack. James kommt gut voran. Peter und Paul quietschen vor Vergnügen, faxen – machen aber die Arbeit sehr gut. Am Schluss gibt James den Beiden ein gutes Eisgeld (Trinkgeld gibt man eigentlich nur Erwachsenen). James verräumt sein Werkzeug und das Schnittgut in sein Auto und fährt nach Hause. Er fährt über die Moltkestraße in die Ortenberger Straße, biegt links in die Fessenbacher Straße, nimmt dann den schmalen Käfersberger Weg. Er fährt dort sehr langsam. Es sind viele Spaziergänger unterwegs. Manche gehen sehr langsam beiseite, so dass er auch halten muss. Schließlich ist er in der Zehnfreistraße und bald zu Hause. Dort entlädt er sein Schnittgut und stellt sein Auto in die Garage.

James hat Hunger. Er geht durch den Hintereingang in die Küche. Dort stellt er die Pfanne auf die große Platte des Elektroherdes. Gibt etwas Butter in die Pfanne und geht ins Wohnzimmer, stellt den CD-Player an. Er hört das 'Art Ensemble of Bluecago'. Dann geht er in die Küche zurück. Die Butter ist noch nicht verschmolzen. Er vergaß den Herd anzuschalten. Den Regler stellt er nun auf Drei. Aus dem Kühlschrank holt er das Hüftsteak, packt es aus und wirft es in die Pfanne. Nun gießt er Balsamico in eine Glasschüssel, obendrauf Raps-Kernöl, und eine Prise Himalaya Kristallsalz. Nun schneidet er eine halbe Zwiebel und eine kleine Knoblauch-Zehe. Er wendet das Steak. Er wäscht den Kopfsalat, zerschneidet ihn, auch eine Tomate schneidet er in Scheiben und eine halbe Salatgurke. Dies alles tut er in die Glasschale. Das Steak ist fertig. James schaltet den Regler auf Null. Aus dem Küchenschrank holt er sich einen Teller, setzt sich hin und fängt an zu essen.
Das Telefon klingelt. James nimmt den Hörer ab: "Hallo, Blackforest."
"Hallo James, ich bin`s, Claudia, komme morgen so gegen 13.00 Uhr......", so Claudia Schreibspechteimer von der Kommunalen Parkraumüberwachung.

Eigentlich wollte James an seinem Bild weitermalen. Er kann vor Aufregung nicht. Er spült das Geschirr, putzt den Küchenboden, saugt anschließend den Wohnzimmerteppich und legt die Socken zusammen, sortiert frische Wäsche ein und schafft sonst noch Ordnung in seinem Haus. "Die Fenster putze ich morgen". Es ist bereits dreiundzwanzig Uhr. Er schaltet den Fernseher ein, holt sich ein Weißbier, setzt sich auf das Sofa, die Füße wieder auf dem Tisch und nimmt die Fernbedienung in die Hand. Zunächst sieht er das Zweite Programm. Nach zwanzig Sekunden ist er beim Dritten. Dort bleibt er auch nicht lange, so geht`s zum Nächsten, zum Übernächsten. Nun ist er auf 'Zweiunddreißig', auf dem Sportkanal.

Zwei monsterartige Kerle kämpfen dort im Ring. Zwischendurch verdreschen diese den Kampfrichter. Nach zwei Runden kommen zwei weitere Monsterartige in den Ring. Das Chaos ist perfekt. James weiß nicht, wer eigentlich gegen wen kämpft. Einmal verprügeln alle vier den Kampfrichter, dann wird auf dem mit der Irokesenfrisur von allen eingedroschen. Der Kampfrichter möchte dem Irokesenmonster helfen. Alle vier verprügeln jetzt den Kampfrichter. Zwei weitere Monstertypen betreten den Ring. Zu zweit packen sie einen und werfen den über das Seil ins Publikum. Nun wird dieser vom Publikum verdroschen. Die restlichen Drei stürzen jetzt auf diese Zwei. James wird das zuviel und schaltet das Fernsehen ab. "Von wo zum Teufel haben die die viele Monster her? Das gibt es doch gar nicht!", denkt James und wirft einen Blick in die Zeitung, die auf dem Wohnzimmertisch liegt. Dort steht:

'Weltmeisterschaft im Schneckenweitspucken in der Bretagne. Der Weltrekord liegt bei 10,4 Meter. Der Titelverteidiger schaffte diesmal nur 10,1 Meter. Der beste Deutsche schaffte nur 7,8 Meter.'

James denkt, er würde Schnecken höchstens zwei Meter kotzen, nicht spucken! Das wäre vielleicht der Badische Rekord. Ein Bayer würde vorher noch einen Schluck Weissbier trinken.

James geht zu Bett. Im Bett denkt er weiterhin an Schnecken, an Arion Ater und ihr Schneckenballet 'Limax maximus' ,das im Vierviertelstundentakt tanzt. Auf einmal befindet er sich an einem Meeresstrand. Über zweihundert Menschen stehen an einem 20 x 3 Meter großen Feld. Ein Mann steht vor einer weißen Linie und spuckt eine mittlere Bigomeau, eine essbare Strandschnecke mit Häuschen, ins Feld. Achtmeterdreiundviertzig ruft ein Schiedsrichter. Das war Bernhard Gullerhuber aus der Schweiz. Nun stellt sich Jean Marc aus Frankreich an die weiße Linie. Er nimmt eine, die nicht allzuschwer ist, in den Mund und spuckt achtmetersiebenundvierzig. Vier Zentimeter mehr als der Schweizer! Der Spanier Juan Ramón Jiménez nimmt die Neunmetermarke mit neunmeterzweiundfünfzig. Nun kommt Joe Cartwright, der Sheriff aus dem Texas und spuckt eine große Weinbergschnecke auf neunmeterdreiundneunzig. Der Schiedsrichter untersucht das Schneckenhäuschen auf Flügel. Josef Umsiedler aus Salzburg verfehlt die Achtmetermarke um einen Zentimeter. Der Römer Mario Albertini spuckt eine Genetzte Ackerschnecke (Deroceras reticulatum) auf zehnmeterachtunddreißig. Die Zuschauer raunen, denn er verfehlte den Weltrekord um zwei Zentimeter. Der Vietnamnese Bui Quang Ulk wird disqualifiziert, weil er eine Miesmuschel spucken wollte. Natsaki Nichtsunmöglich kommt aus Japan und spuckt. Der Schiedsrichter Erich Quickli, aus dem Berner Umland, muss sich wirklich beeilen, denn Schnecken sind für ihn flinke Tiere. Er misst, er kann es nicht glauben, er misst nocheinmal, das Publikum tobt, ein neuer Weltrekord. Der Sportreporter lässt das Weißbier fallen, er überschlägt sich, ein Japaner bricht den Weltrekord, zehnmeterfünfundvierzig! "NatsaaaakiiiiNichtssunmööööööglich", singt das Publikum. Der Lautsprecher ruft, James kann’s nicht glauben: "James Blackforest aus Germany bitte an die Startlinie." James steht nun an der weißen Linie. Neben ihm steht sein Eimer mit den gesammelten roten Nacktschnecken der letzten Tage.

Das Publikum im Chor: "NatsaaaakiiiiNichtsunmööööglich...., frisst James Schnecken, ...ist möööglich!" Der Startrichter gibt die Bahn frei. Bei James war alles nass. Soll er jetzt kneifen? Einfach gehen, wegen den ekligen Schnecken? Deutschland wäre blamiert. Und wieder das Publikum: "NatsaaaakiiiiNichtssunmööööööglich...." Eigentlich wollte James gehen, aber sein Land im Stich lassen? Womöglich steht er morgen als Feigling in der Zeitung. Anderseits müsste er auch gewinnen, auf dem letzten Platz wollte er nicht. In Bayern wäre er schön blamiert, wenn er dem 'Saupreißn, dem japanischen' den Titel überlassen würde. James reißt sich zusammen, nimmt die glitschigste rote Arion lusitanicus, spanische Wegschnecke, aus dem Eimer. Denn diese müsste am weitesten fliegen. Steckt diese mit dem Kiel in den Mund. Er hört nicht mehr auf das, was das Publikum singt. Dann holt er durch die Nase Luft und denkt an Claudia Schreibspechteimer von der Kommunalen Parkraumüberwachung, und 1-2-3, die Schnecke fliegt wie ein Geschoss durch die Luft, an der Achtmetermarke vorbei, nimmt auch die Neunte, dann die Zehnte und knallt bei Zweiundsiebzig auf. Erich Quickli, der Schiedsrichter aus dem Berner Oberland eilt schnell zur Stelle. Es ist sehr ruhig auf dem Platz. "Zehnmetereinundsiebzig". Denn die Schnecke ist um einen Zentimeter zurückgekrochen." Zehnmetereinundsiebzig, der neue Weltrekord!!!!!" Der Lautpegel steigt sehr schnell nach oben. Dem Sportreporter trillert die Stimme: "Kaum zu glauben, der neue Weltmeister kommt aus Germany und heißt JAMES BLACKFOREST!!!!"

James steht auf der obersten Stufe der Siegertreppe. Jemand überreicht ihm einen Goldenen Pokal, in dem Schnecken eingraviert sind. Eine spärlich bedeckte Blondine gibt ihm einen Kuss und überreicht dazu einen Blumenstrauß. Links daneben, eine Stufe darunter, wird der Fizeweltmeister Natsaki Nichtsunmöglich aus Japan gekürt. Rechts daneben schwingt der Römer Mario Albertini mit dem Texashut, den er vom Jimmy Cartwright, dem Sheriff aus dem Texas, ausgeliehen hatte. Auch er bekommt einen Kuss und einen Teller dazu.

James hört etwas gackern. Wo ist da ein Huhn? Er schaut von der Treppe aus um sich. Es gackert weiter. Nun macht James die Augen auf. Er steht in seinem Bett, und sein Wecker, ein Huhn, gackert. Er stellt den Wecker, das Huhn, ab. Der kleine Zeiger steht auf Acht. Also acht Uhr morgens. James macht seine Morgentoilette, geht in die Küche, macht Kaffee, holt die Zeitung vom Vordereingang und liest diese, während er frühstückt:

"Schneckenspucken: Franzose gewinnt zum vierten Mal in Folge. Alain Jourden ist seit vier Jahren ungeschlagener Weltmeister in seiner Disziplin namens 'Schneckenweitspucken'. So verließ der 44jährige Bretone auch dieses Mal den Strand...'.

James frühstückt weiter. Er bekommt heute Besuch von Claudia Schreibspechteimer.

Wie es weitergeht, siehe Fortsetzung:
Grasbahnrennen in Berghaupten

02.10.2005

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